Surya Bhedana bedeutet in etwa "das Öffnen der Sonne oder des Sonnenkanals". Es ist eine Pranayama-Technik des Yoga, bei der durch das rechte Nasenloch ein- und durch das linke ausgeatmet wird.
Auf körperlicher Ebene beruhigt diese Atemweise Geist und Körper und stärkt die Konzentration. Außerdem wird das Atemvolumen sanft etwas reduziert. Das hilft, den Atem wieder zu normalisieren, der im Alltag oft in einen gesteigerten Atemrhythmus verfällt, wodurch wir zu viel atmen. Ein Überatmen kann sich auf Dauer ungesund auswirken, weshalb es gut ist, sich immer mal wieder kleine Atempausen zu gönnen und den Atem zu beruhigen.
Auf energetischer Ebene wird der Fluss der Sonnenenergie in uns angeregt, was innerlich mental aufhellt. Die Sonnenenergie steht im Yoga für Aktivität, Lebendigkeit und Kraft, Helligkeit und Wärme. Während die Mondenergie für Passivität, Ruhe und Entspannung, Kreativität, Dunkelheit, Kühle, Regeneration und das Loslassen steht. Aus yogischer Sicht wird unser Körper von Energiekanälen durchzogen, welche unser Prana (= unsere Lebensenergie), wie z.B. die Kraft der Gedanken, den Atem und das Blut transportieren. Der rechte Energiekanal, Pingala Nadi genannt, transportiert die Sonnenenergie und läuft vom Beckenboden zum rechten Nasenloch. Ida Nadi, der linke Energiekanal, mit Verlauf vom Beckenboden zum linken Nasenloch, transportiert die Mondenergie. Diese Energiekanäle umrunden mehrfach den Hauptenergiekanal, das Shushumna Nadi, welcher vom Beckenboden durch den Spinalkanal der Wirbelsäule zum Scheitel verläuft. Bei der Sonnenatmung wird unser Prana durch den Atem durch genau diese Energiekanäle in einer bestimmten Richtung gelenkt.
Die Wissenschaft hat herausgefunden, dass manche Menschen einen individuellen Nasenrythmus haben. Das heißt, die Dominanz der Nasenlöcher wechselt in gewissen Abständen. Mal atmet man mehr durch links und mal mehr über das rechte Nasenloch. Das Nasenloch, durch das besser geatmet werden kann, gilt dann als aktiver. Im Yoga spricht man davon, dass dann auch jene Qualitäten leichter fallen, die dem jeweiligen Nadi zugeschrieben werden. Wenn nun das linke Nasenloch freier ist, wäre Ida Nadi und die Mondenergie, wie z.B. künstlerische Aktivitäten und intuitives Handeln, aktiver. Ist dagegen rechts freier, wäre Pingala Nadi und die Sonnenergien, wie z.B. rationales Denken, Überzeugungskraft und die Verdauung aktiver. Sind beide Nasenlöcher etwa gleich frei, gilt dies als hervorragender Zustand zur Meditation. Auf der rechten Körperseite liegend mit freiem linken Nasenloch kann übrigens aufgrund dieser These eine unterstützende Einschlafpositition sein. Bei mir funktioniert das tatsächlich richtig gut und ich wache häufig auf der anderen Seite liegend auf.
Atme und die Welt verändert sich:
- Finde einen bequemen, aufrecheten Sitz. Setzt dich gern mit dem Becken erhöht. Das hilft den Rumpf und Atemraum aufzurichten.
- Atme ein paar Mal durch beide Nasenlöcher bewusst ein und aus. Nimm dabei wahr, wie der Atem durch beide Nasengänge strömt.
- Für die Sonnenatmung atmen wir über das rechte Nasenloch ein und anschließend über das linke wieder aus. Verschließe sanft das linke Nasenloch und atme über das rechte Nasenloch ein. Verschließe dann rechts und atme über das linke Nasenloch aus. Versuche dabei in die Ausatmung hinein zu entspannen und loszulassen. Soweit angenehmen verweile einen Augenblick in der Atempause nach der Ausatmung. Fahr mit dieser Atemübung ein paar Minuten fort.
Diese Atemübung kannst du alternativ auch gedanklich praktizieren, indem du dir den Atemrhythmus vorstellst. - Wenn du magst stell dir währenddessen vor, dass beim Einatmen über dein rechtes Nasenloch Sonnenenergie in dich hineinströmt, die dich wärmt, stärkt, dir Kraft und Lebendigkeit schenkt. Beim Ausatmen stell dir gern vor, dass Schwere und Müdigkeit aus dir hinausfließt.